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  • angelinaekkert

Maschinenmädchen (1)

Ein Vergleich von E.T.A. Hoffmanns Olimpia und 2B aus dem Computerspiel Nier: Automata


Einleitung

 

Der Text basiert auf einer Hausarbeit vom 26.09.2018


Sie kann für etwa 7000 Dollar erworben werden. Aber anders als ihre ‚leblosen‛ Kolle­ginnen soll sie „denken und sprechen“1 können und das „nicht nur über Sex […], sondern auch über Aktien und Fußball“2. Hersteller bewerben die mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Puppen damit, dass sie ihren Partner wahrnehmen und auf diesen möglichst authentisch reagieren können. In natura wirkt die technische Geliebte jedoch „eher verstörend als erregend“3, erinnert sie doch mehr an eine elektronische Schaufensterpuppe mit abgehackten Bewegungen als an eine devote Gespielin aus Fleisch und Blut.

Dieses Unbehagen vor dem Maschinenmenschen ist so alt wie die Faszination für ihn. Bis in die Gegenwart findet er als Phänomen „zwischen der Utopie einer göttlichen Nachschöpfung und Verbesserung der menschlichen Natur [...] sowie der unheimlichen Bedrohung der Identität durch künstliche Doppelgänger“4 Gefallen in Hoch- wie in Pop­kultur.


Über verschiedene Medien hinweg wird der Kunstmensch in all seinen ambigen Facetten immer wieder neu erfunden, stets darum bemüht, durch ihn die eigene Spezies ‚Mensch‛ begreifbar zu machen.5

Dieser Aufsatz setzt an zwei Fixpunkten an, die kaum weiter auseinander liegen könnten, der Epoche der Romantik auf der einen und dem 21. Jahrhundert auf der anderen Seite, um anhand zweier Stellvertreterinnen das Motiv des Maschinenmen­schen, genauer des Maschinenmädchens, näher erläutern und in ein Spannungsver­hältnis zueinander setzen zu können. Verglichen werden die vielleicht berühmteste Automate6 Olimpia aus E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann (1816)7 und die Androide 2B, Protagonistin des Action-Rollenspiels Nier: Automata8 (2017). Dem Para­debeispiel aus der romantischen Literatur soll damit ein Computerspiel als aktuelles Exempel für eines der jüngsten Medien entgegen gesetzt werden, das sich ebenso be­geistert dem Sujet bedient, jedoch in der Rezeption nur wenig Aufmerksamkeit bekommt.


Das Promo-Artwork von © Platinum Games | Square Enix zu Nier: Automata illustriert eindrucksvoll, wie viel menschenähnlicher die hochkomplexe Androide 2B im Vergleich zu den anderen Maschinenwesen ist.

Dem Hauptteil geht eine Vorstellung der zu vergleichenden Charaktere samt einer Zusammenfassung von Nier: Automata voraus sowie ein kurzer Abriss der Motivge­schichte der Puppe, um einen Überblick des Diskurses zu gewährleisten. Dabei wird auch die Figur des Avatars in ihrer Tradition als Puppe näher beleuchtet. Anschließend wird die Auswahl der Vergleichspunkte vorgestellt, die im Folgenden ausführlich analy­siert werden. Der letzte Vergleich widmet sich dabei dem Frauenbild, das sich aus der vorherigen Untersuchung ableiten lässt. Abschließend wird reflektiert, wie bei den Maschinenmädchen die Illusion von Leben aufgebaut und wodurch sie gebrochen wird.

Den literarischen Grundstock bilden Beiträge des umfassenden Ausstellungskataloges Puppen, Körper, Automate – Phantasmen der Moderne, die durch zahlreiche weitere themenverwandte Texte ergänzt und durch Ansichten der Game Studies erweitert werden.


[Fortsetzung folgt!]


 

1 Weber, Sara (2016): Der Roboter in meinem Bett. Online unter Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/digital/technik-der-roboter-in-meinem-bett-1.2886887 (zuletzt aufgerufen am 26.09.2018).

2 Ebd.

3 Ebd.

4 Meteling, Arno (o.D.): E.T.A. Hoffmann und die Automaten. Online unter E.T.A. Hoffmann Portal: http://etahoffmann.staatsbibliothek-berlin.de/erforschen/charakteristisches/automaten/ (zuletzt aufgerufen am 26.09.2018).

5 Vgl. Hille, Karoline (1999b): Über den Grenzen, mitten in Nüchternheit. Prothesenkörper, Maschinenherzen, Automatenhirne. S.142. In: Puppen, Körper, Automaten, Phantasmen der Moderne. Anlässlich der Ausstellung: Puppen, Körper, Automaten - Phantasmen der Moderne. 24.07.1999 – 17.10.1999. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen Düsseldorf. Hrsg. von Pia Müller-Tamm. Oktagon: Köln. S.140-159.

6 Angelehnt an den Beispielen Puppe und Maschine wird folgend auch die weibliche Form Automate und Androide verwendet.

7 Im Rahmen dieser Arbeit wird auf eine Ausgabe von 2003 (Reclam) zurückgegriffen.

8 Die Beobachtungen sowie Spielerfahrungen in diesem Aufsatz beruhen auf dem Hauptspiel ohne optionale Erweiterungen (DLCs) für Playstation 4. Die Eigenschreibweise ‚NieR:Automata‛ wird dem wissenschaftlichen Standard angepasst.

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